Deutsches Kaiserreich (1871-1918)
Chronik der wichtigsten Ereignisse
18.01.1871: Reichsgründung in Versailles22.10.1873: Dreikaiserabkommen
13.06.1878: Berliner Kongress
07.10.1879: Zweibund (Deutschland und Österreich-Ungarn)
20.05.1882: Dreibund (Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien)
18.06.1887: Rückversicherungsvertrag zwischen Deutschland und Russland
25.06.1888: Wilhelm II wird zum Kaiser ernannt
10.04.1898: Beginn der deutschen Flottenpolitik
12.01.1904: Aufstand der Herreros
08.04.1904: Entente Cordiale zwischen England und Frankreich
1904: Erste Marokkokrise
31.08.1907: Triple Entente (England, Frankreich, Russland)
1911: Zweite Marokkokrise
1912-1913: Balkankriege
29.06.1914: Attentat von Sarajevo
Einführungstext zum Deutschen Kaiserreich
Auf französischem Boden und noch während des dritten, sogenannten "Reichseinigungskriegs" wurde der deutsche
Nationalstaat gegründet. Im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles hatte sich am 18. Januar 1871, dem
Jahrestag der Ernennung Preußens zum Königtum, der Hohenzollernkönig Wilhelm I. zum Kaiser der Deutschen
krönen lassen.
Das Deutsche Kaiserreich
Die Gründung des deutschen Kaiserreichs war nicht die Umsetzung der idealen Reichseinigung "von unten",
wie sie den deutschen Revolutionären von 1848/49 vorschwebte. Vielmehr war sie ein Bündnis der 22 Staaten
des Norddeutschen Bundes, dem nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871) Baden, Bayern, Hessen und
Württemberg beigetreten waren. Auch Elsass-Lothringen, das nach dem Krieg von Frankreich abgetreten wurde,
wird als Reichsland Teil des Kaiserreichs.
Zu diesem Zeitpunkt wehte die schwarz-weiß-rote Flagge des Deutschen Kaiserreichs von der dänischen Grenze bis
an die Alpen und vom westlichen Elsass-Lothringen bis zur Provinz Ostpreußen um Kaliningrad über 550.000 Quadratkilometern.
Unter der politischen Dominanz des Königreichs Preußen lebten 41 Millionen Menschen im Reich.
Wilhelm I. und Otto von Bismarck
Die preußische Vormachtstellung drückte sich einerseits in der Regentschaft Wilhelm I. (geboren
als Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen) und andererseits in der dominierenden Politikerfigur Otto von Bismarck aus.
Bismarck, der "Ewige Kanzler", war im Vorfeld lange schon preußischer Ministerpräsident. Ab der
Reichsgründung war er auch in den 19 Jahren bis 1890 Reichskanzler. Es waren die Visionen Otto von
Bismarcks, die die Gründung eines großdeutschen Kaiserreichs erst möglich gemacht hatten.
Der Reichskanzler kannte die reservierte Haltung der anderen Großmächte Europas. Dem Misstrauen
Frankreichs, Englands und Russlands setzte Bismarck eine auf Ausgleich bedachte Politik entgegen:
Expandieren sollte das starke Deutsche Kaiserreich nicht mehr, stattdessen vertraute von Bismarck
auf Friedensverträge mit den europäischen Nachbarn. So entstand ein relativ kompliziertes Netz
europäischer Bündnisse, dessen Herausbildung auf das äußerst geschickte Taktieren des
Reichskanzlers zurückgeht. Hinter alledem stand sein Ziel, das Reich nach allen Seiten hin
abzusichern. Seine größte Sorge galt der Herausbildung eines Zwei-Fronten-Krieges nach Russland
im Osten und Frankreich im Westen hin. Später sollte dieser Konflikt im ersten Weltkrieg zur Realität werden.
Die Jahre unter Kaiser Wilhelm I. und Otto von Bismarck waren im Inneren des Deutschen Reichs
gekennzeichnet von einem Kulturkampf gegen die katholische Kirche einerseits und die Sozialdemokratie
andererseits. Für jene Kräfte, die innerhalb der katholischen Zentrumspartei versammelt waren, hatte
der preußische Monarch keinerlei Sympathien. Vielmehr unterstellte er der Partei "Romhörigkeit" und
sprach ihr nationale Zuverlässigkeit ab. Es sollte noch bis 1880 dauern, bis der Zentrumspartei der
politische Einfluss genommen worden war.
Das "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" war es, das die
Entwicklung der jungen deutschen Sozialdemokratie in der Zeit von 1878 bis 1890 massiv behinderte.
Aber hinter den politischen Kulissen tobten auch massive Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kaiser
und seinem Reichskanzler über die Sozialistengesetze. Nach dem parlamentarischen Niedergang der
Sozialistengesetze kam es letztendlich zur Entlassung des Reichskanzlers. Der Plan Bismarcks, mit der
bekannten Sozialgesetzgebung den Sozialdemokraten "den Wind aus den Segeln" zu nehmen, war aller weltweiten
Achtung entgegen nicht aufgegangen.
Wilhelm II.
1888 hatte Kaiser Wilhelm II. die Regentschaft übernommen. Zwei Jahre später entließ er Bismarck, dessen politische Gangart er
insgesamt für altmodisch und überholt hielt. Zwiespältig und widerspruchsvoll war der neue deutsche
Kaiser: Einerseits jung, dynamisch und technikbegeistert, andererseits auf überholte Traditionen
fixiert und von starken Vorlieben für Protz und militärische Paraden geprägt. Während das Reich
zum ökonomisch florierenden Land wurde, erstarkte gleichzeitig ein deutscher Militarismus, der
allen Bestrebungen sozialdemokratischer und liberaler Kräfte nach einer modernen, parlamentarischen
Regierungsform entgegen stand.
Dieser Militarismus stand zudem Bismarcks außenpolitischer Zurückhaltung ablehnend gegenüber.
Wilhelm II. ließ massiv aufrüsten. So wollte er eine Führungsrolle einnehmen und den Wettlauf der
anderen großen europäischen Mächte Frankreich, England und Russland um Herrschaftsbereiche und
Absatzmärkte in der Welt dominieren. Bernhard von Bülow hatte es 1897 in einer Rede auf den Punkt gebracht:
"Wir wollen niemanden in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne."
Das Ende des Deutschen Kaiserreichs
Unter Wilhelms "persönlichem Regiment" strebte das Deutsche Kaiserreich nach der Entlassung Otto
von Bismarcks nach Weltgeltung. Der leidenschaftliche Militarismus, die andauernde Aufrüstung und
eine sprunghafte Außenpolitik führten letztendlich zum engen Schulterschluss zwischen den
Großmächten England, Frankreich und Russland.
Vor seinem Ende und vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs war das Deutsche Kaiserreich von
Feinden umgeben. Nach dem verheerenden Krieg mit 15 Millionen Toten verließ der Kaiser am 9.
November 1918 den Thron - und Deutschland wurde zur Republik.